PI-News: Österreich: Bleibt Heinz Fischer Bundespräsident?
Wird die österreichische Wahl zum Bundespräsidenten doch noch spannend? Bis vor kurzem schaute alles nach einem blinden wie langweiligen Durchmarsch von Amtsinhaber Heinz Fischer (Foto) aus. Die Kandidatur eines unerwarteten dritten Kandidaten aus einem betont christlichen Eck könnte aber nun doch zu einer Alternative für die ÖVP-Wähler werden.
(Von Andreas Unterberger, langjähriger Chefredakteur der Wiener „Presse“ und der „Wiener Zeitung“; er schreibt heute unter andreas-unterberger.at, Österreichs meistgelesenen Blog)
Natürlich ist der Sozialdemokrat Fischer weiterhin Favorit. Noch nie hat in Österreich ein amtierender Bundespräsident, der zur Wiederwahl antritt, diese verloren. Überdies hat die Volkspartei auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten verzichtet. Begründet wird das mit der Aussichtslosigkeit und mit Geldmangel. Überdies hat sich bereits vor der diesbezüglichen Entscheidung der ÖVP, Christoph Leitl, der immer schon sehr Sozialdemokraten-freundliche Chef des ÖVP-Wirtschaftsbundes, für Fischer ausgesprochen.
Dennoch ist die Nichtkandidatur der ÖVP nur schwer verständlich. Liegt die Partei doch bei allen Umfragen deutlich vor der SPÖ, hat sie bei allen Wahlgängen der letzten 18 Monate gewonnen, während die SPÖ alle verloren hat. Ohne dass man es nachweisen kann, sind viele Österreicher überzeugt: Die ÖVP hat sich bei koalitionsinternem Gemauschel von der SPÖ über den Tisch ziehen lassen. Wobei nicht klar ist, worin eigentlich die Gegenleistung besteht. Denn die SPÖ hat sich bei allen strittigen Fragen, die österreich-typisch vor allem Personalfragen sind, immer sehr wirkungsvoll durchgesetzt.
Das ärgert viele bürgerliche Wähler sehr. Sie waren schon von Anfang an gegen die Koalition und sind besonders gegen die Person Heinz Fischers. Denn dieser kommt vom sehr weit linken Rand der SPÖ. Er hat sich nie gegen die Verschuldungspolitik der Regierung ausgesprochen. Er hat nie auch nur annähernd die Probleme durch Zuwanderung und Islamismus angesprochen. Er hat sogar im Gegenteil bekannte Hamas-Unterstützer zum feierlichen Iftar-Mahl geladen. Fischer hat aber auch peinlich geschwiegen, als Rot und Schwarz entgegen der in der Verfassung festgehaltenen Pflicht, den Staatshaushalt im Oktober dem Parlament vorzulegen, schon im Januar 2010 angekündigt haben, dass sie den Entwurf erst im April 2011 vorlegen werden.
Die Regierung hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, dafür eine halbwegs brauchbare Begründung zu liefern (der wahre Grund sind die im Oktober fälligen Wahlen in der Stadt Wien, der wichtigsten SPÖ-Hochburg, die zahllose SPÖ-Vorfeldorganisationen aus Steuermitteln finanziert). Dennoch verteidigte Fischer diesen Verfassungsbruch.
Der amtierende Präsident war überdies über viele Jahre Vizepräsident der nordkoreanischen Gesellschaft, also für die Freundschaft zur derzeit weitaus blutrünstigsten Diktatur der Welt zuständig. Staunen ließen auch dicke Lobeshymen auf das kubanische System.
In seinen Schriften setzte er auf „progressiven Minderheiten und Randgruppen“; er schrieb in schlechtbekannter marxistischer Diktion über den „kapitalistischen Grundwiderspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung“; er bekannte sich zu dem Satz: „Die Verwirklichung einer klassenlosen Gesellschaft ist weiterhin das dominierende Ziel“. Unzählig sind die linksextremen Zitate aus Fischers Feder: „Abbau individueller Entscheidungsmöglichkeiten und der privaten, individualisierten Bedürfnisbefriedigung“; „Stattdessen Zur-Verfügung-Stellung möglichst vieler staatlicher und kommunaler Reproduktionsleistungen“; „Ein weiteres Vordringen der verstaatlichten Unternehmungen“; „Ablösung des Gewinn- und Effizienzkalküls bei wirtschaftlichen Entscheidungen“; oder: „Erringung gesellschaftlicher Verfügung über die Produktionsmittel“.
Ein besonders hässliches Kapitel im Leben Fischers waren seine zornigen und wilden Attacken auf Simon Wiesenthal, als dieser die Rolle von Friedrich Peter als einstiger SS-Offizier genau zu dem Zeitpunkt aufzeigte, da der SPÖ-Chef Bruno Kreisky Peter zur Erringung einer parlamentarischen Mehrheit brauchte.
Da die weitgehend der SPÖ nahestehenden Boulevardmedien und der total linksstehende ORF aber alle Schattenseiten Fischers konsequent verschweigen, hat er in der Tat exzellente Chancen, als freundlicher und gelassener Opa mit korrektem Anzug wiedergewählt zu werden. Dies umso mehr, als Barbara Rosenkranz, lange seine einzige Opponentin, sofort von den Medien niedergemacht wurde. Es gab linke Demonstrationen gegen sie, begleitet von ORF-Kampagnen, natürlich ist auch die progressive Kulturszene wieder voll aktiv.
Rosenkranz ist freilich auch selbst ins offene Messer gerannt. Sie hat auf die Frage nach den NS-Verbrechen in peinlicher Schlichtheit geantwortet, dass ihr Wissen lediglich auf dem Schulunterricht beruht; sie ist tagelang mit gewundenen Formulierungen Fragen nach den Gaskammern ausgewichen; auch die betont altgermanischen Namen ihrer – an sich eindrucksvollen – zehn Kinder bis hin zu Hitlers Tarnnamen „Wolf“ zeigen eine in Österreich alles andere als mehrheitsfähige innere Einstellung. Das gipfelte in der Peinlichkeit, dass sie sich auf Aufforderung des als einziger hinter ihr stehenden Kronenzeitungs-Herausgeber Hans Dichand in einer öffentlichen eidesstattlichen Erklärung von den NS-Verbrechen distanzieren musste. Jeder Zuseher konnte sehen, wie sehr sie diesem ganzen Thema ausweichen wollte, wie sehr sie aber inzwischen auch nervlich unter den wilden Attacken von Links litt.
Da lässt nun die überraschende Kandidatur von Rudolf Gehring viele bürgerliche Wähler vorerst einmal aufatmen. Er hat – ohne dass die Öffentlichkeit davon Notiz nahm – die notwendigen Unterschriften gesammelt, während andere Kandidaten aus dem grünen Eck daran gescheitert sind. Er bietet bisher keine erkennbaren Angriffsflächen – außer dass er als Chef der Minigruppe „Christliche Partei Österreichs“ und als früheres ÖVP-Mitglied immer als vehementer Gegner der Abtreibung öffentlich aufgetreten ist. Was natürlich das feministische Eck sehr stört.
Gehring profitiert aber davon, dass das gesamte Angriffspotential der Linken auf Rosenkranz gerichtet ist. Was freilich nur solange gelten dürfte, als er nicht zu einer ernsten Gefahr für Fischer wird. Er kann sich insbesondere als Gegenpol zu den drei großen Parteien Österreichs profilieren. Und er bemüht sich nun rasch, auch in anderen Politikbereichen Profil zu zeigen.
So verlangt der gelernte Jurist und Exbeamte, dass der Bundespräsident das Recht bekommen soll, Gesetzesanträge im Parlament einzubringen. Er betont seine im Vergleich zu den Konkurrenten größere Wirtschaftskompetenz, auch auf Grund seiner unternehmerischen Aktivitäten. Er will sich als Bundespräsident gegen Korruption und Parteibuchwirtschaft engagieren. Er will gegen Schuldenwirtschaft, den Missbrauch von Steuergeldern für parteipolitische Zwecke und die Machtanmaßung der Sozialpartner auftreten. Er lehnt einen EU-Beitritt der Türkei ab und tritt für eine verfassungsrechtliche Überprüfung des Lissabon-Vertrages ein. Er kritisiert die gesetzliche Aufwertung von Homosexuellen-Partnerschaften. Er warnt vor zu viel Zuwanderung und vor islamistischen Tendenzen. Er prangert die Parteibuchwirtschaft der Regierungsparteien an. Er beklagt den schlechten Zustand vieler Schulen, aber auch des österreichischen Bundesheeres. Er verspricht den Außenseitern und Ärmsten der Gesellschaft Hilfe und Solidarität. Er will sich insbesondere für Frieden, für christliche und soziale Werte engagieren.
Freilich: Ob hinter diesen Überschriften konkretere Ideen stehen, ob er jenseits all dieser Überschriften wirklich sattelfest ist, wird erst der Härtetest des nun begonnen Wahlkampf zeigen. Dabei wird sich auch zeigen, ob er Chancen hat, über das geschrumpfte christliche Wählerpotential hinaus Stimmen anzusprechen. Die Wirtschaftsliberalen und nicht-christlich geprägten Konservativen werden ihn ebenso wie die Protestwähler genau beobachten.